Ein grünes und nachhaltiges Gebäude

Renewables Gewährleistung der Einhaltung sozialer Mindeststandards bei der Herstellung von Solarmodulen

15.05.2024 5 Minuten Lesezeit

Diverse Gesetze und Vorschriften auf europäischer und nationaler Ebene (u.a. EU-Offenlegungsverordnung¹, EU-Taxonomieverordnung²) betonen die Notwendigkeit, dass Unternehmen über ihre rein wirtschaftlichen Belange hinaus soziale und ökologische Verantwortung übernehmen. Sie verpflichten Marktteilnehmer außerdem dazu, ihre Auswirkungen auf Umwelt und Gesellschaft zu überwachen, transparent darüber zu berichten und gezielte Maßnahmen zur Förderung von Nachhaltigkeit zu implementieren.

Das Anlageziel des klimaVest, welcher nach Art. 9 der EU Offenlegungsverordnung offenlegt, ist es, einen positiven messbaren³ Beitrag zur Erreichung von Umweltzielen im Sinne der EU-Taxonomieverordnung, insbesondere dem Klimaschutz („climate change mitigation“) und der Anpassung an den Klimawandel („climate change adaption“), zu leisten. Neben der Prüfung der sechs Umweltziele der EU-Taxonomieverordnung im Rahmen der sogenannten “Impact- und ESG Due Diligence” zur Bestimmung der Taxonomiekonformität der Investitionen, ist die Einhaltung der sozialen und rechtlichen Mindeststandards ein wesentliches Thema im Rahmen dieser Prüfung.

Exkurs: Was ist die EU-Taxonomieverordnung? 

Die EU-Taxonomieverordnung legt Kriterien fest, um zu bestimmen, inwieweit eine Wirtschaftstätigkeit als ökologisch nachhaltig einzustufen ist. Ihr Ziel ist es, den Grad der ökologischen Nachhaltigkeit eines Investments klar zu definieren. Diese Verordnung betrifft unter anderem Finanzmarktteilnehmer, die Finanzprodukte auflegen und vertreiben – darunter auch die Commerz Real Gruppe⁴ mit dem Retail-Fonds klimaVest.

Die Kriterien für ökologische Nachhaltigkeit konzentrieren sich hauptsächlich darauf, dass bestimmte Umweltziele erreicht werden müssen. Die EU-Taxonomieverordnung definiert insgesamt sechs Umweltziele:

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Zudem sollen sich die Umweltziele gegenseitig nicht erheblich beeinträchtigen (do no significant harm, „DNSH“) und soziale und rechtliche Mindeststandards müssen eingehalten werden. 

Was sind diese sozialen und rechtlichen Mindeststandards? 

Unternehmen tragen die Verantwortung sicherzustellen, dass ihre Aktivitäten die Menschenrechte achten und schützen. Dies beinhaltet die Implementierung eines sogenannten Mindestschutzes bzw. Mindeststandards, der sicherstellt, dass die OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen⁵ sowie die Leitprinzipien der Vereinten Nationen für Wirtschaft und Menschenrechte⁶ eingehalten werden. Darunter fallen auch die grundlegenden Prinzipien und Rechte aus den acht Kernübereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation⁷, wie sie in der Erklärung über grundlegende Prinzipien und Rechte bei der Arbeit festgelegt sind, sowie aus der Internationalen Charta der Menschenrechte⁸.

Der Mindestschutz umfasst zudem Aspekte guter Unternehmensführung, darunter die Bekämpfung von Korruption, die Förderung eines fairen Wettbewerbs und die Einhaltung steuerlicher Bestimmungen.

Warum sind gerade jetzt die Einhaltung der sozialen und rechtlichen Mindeststandards so relevant?

Erst kürzlich wurde aufgedeckt, dass große Automobilkonzerne  in China in die Zwangsarbeit von Uiguren verwickelt waren. Ein Bericht von Human Rights Watch zeigt auf, dass diese Unternehmen es versäumten, das Risiko der uigurischen Zwangsarbeit in ihren Aluminiumlieferketten zu minimieren. Insbesondere in ihren chinesischen Joint Ventures wenden einige Automobilhersteller schwächere Standards bezüglich Menschenrechten und verantwortungsvoller Beschaffung an als in anderen globalen Betriebsstätten.⁹

Das Thema der Zwangsarbeit betrifft aber nicht nur die Automobilindustrie, sondern auch die Herstellung von Solarmodulen, welche den Hauptbestandteil jeder Photovoltaikanlage darstellen. Fast die Hälfte des weltweit in der Photovoltaik verarbeiteten Polysiliziums kommt aus vier großen Werken in Xinjiang. China steht unter dem Verdacht, die in dieser Region lebende Minderheit der Uiguren der Zwangsarbeit zu unterwerfen. Bei einem Großteil der Solar-Projekte im derzeitigen Markt sind bzw. werden chinesische Module verbaut.

klimaVest sich zu einer Mindestquote an taxonomiekonformen Assets verpflichtet. Zur Einordnung eines Objekts als „taxonomiekonform“ müssen u.a. soziale und rechtliche Mindeststandards eingehalten werden. 

Wie reagiert die Commerz Real Gruppe auf dieses Thema? 

Im Rahmen des regulären Ankaufsprozesses werden alle direkten Geschäftspartner mittels des Business Partner Due Diligence Tools geprüft. Aufgrund der Kritikalität der Solarmodulhersteller muss eine Prüfung aller Komponenten-Hersteller unabhängig ihres Geschäftssitzes auch dann stattfinden, wenn dies regulatorisch nicht explizit erforderlich ist, da mit diesen keine direkte Geschäftsbeziehung besteht.

Infolgedessen wurde die sogenannte Whitelist eingeführt: Diese Liste bietet eine Bewertung der wichtigsten Hersteller durch die Nachhaltigkeitseinheit der Commerz Real Gruppe auf der Grundlage öffentlich zugänglicher Informationen und klassifiziert sie als "White Listed", wenn sie die Mindeststandards erfüllen, oder als "Black Listed", wenn sie dies nicht tun. Die Whitelist dient dazu, einen effizienten und einheitlichen Ansatz für die Analyse der Photovoltaik-Zulieferer hinsichtlich sozialer Mindeststandards im Rahmen des Beschaffungsprozesses sicherzustellen.

¹ Die Verordnung (EU) 2019/2088 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. November 2019 über nachhaltigkeitsbezogene Offenlegungspflichten im Finanzdienstleistungssektor harmonisierte Vorschriften für Finanzmarktteilnehmer und Finanzberater über Transparenz bei der Einbeziehung von Nachhaltigkeitsrisiken und der Berücksichtigung nachteiliger Nachhaltigkeitsauswirkungen in ihren Prozessen und bei der Bereitstellung von Informationen über die Nachhaltigkeit von Finanzprodukten (Europäisches Parlament und Rat (2019), Verordnung (EU) 2019/2088 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. November 2019 über nachhaltigkeitsbezogene Offenlegungspflichten im Finanzdienstleistungssektor (https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?toc=OJ%3AL%3A2019%3A317%3ATOC&uri=uriserv%3AOJ.L_.2019.317.01.0001.01.DEU). 
² Die Verordnung (EU) 2020/852 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2020 über die Einrichtung eines Rahmens zur Erleichterung nachhaltiger Investitionen und zur Änderung der Verordnung (EU) 2019/2088 enthält Kriterien zur Bestimmung, ob eine Wirtschaftstätigkeit als ökologisch nachhaltig einzustufen ist, um damit den Grad der ökologischen Nachhaltigkeit einer Investition ermitteln zu können (Europäisches Parlament und Rat (2020), Verordnung (EU) 2020/852 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2020 über die Einrichtung eines Rahmens zur Erleichterung nachhaltiger Investitionen und zur Änderung der Verordnung (EU) 2019/2088 (https://eur-lex.europa.eu/legal-content/de/TXT/?uri=CELEX%3A32020R0852). 
³ Aussagen zu „Vermeidung“ oder „Messbarkeit“ von CO₂-Emissionen oder ähnliche Aussagen bezüglich CO₂ und/oder CO₂e (gemeint ist hier das CO₂-Äquivalent, das neben dem Treibhausgas Kohlendioxid (CO₂) weitere Treibhausgase wie Methan (CH₄), Lachgas (N₂O) oder Fluorkohlenwasserstoffe (FKW) berücksichtigt. Zur besseren Lesbarkeit wird hier jedoch der Term CO₂ verwendet) sind grundsätzlich im Zusammenhang mit der auf https://klimavest.de/messbar/ erläuterten Methodik zu lesen und zu verstehen. Der messbare Beitrag besteht darin, dass klimaVest die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien fördert und dadurch CO₂-Emissionen, die bei der Stromerzeugung aus fossilen Energieträgern entstanden wären, vermieden werden. Die CO₂-Vermeidung wird auf Basis von länderspezifischen Vermeidungsfaktoren der Technical Working Group of International Financial Institutions (IFI), basierend auf dem Combined Margin Approach der United Nations Framework Convention on Climate Change (UNFCCC) unter Berücksichtigung von sektorspezifischen CO₂-Vorkettenemissionsfaktoren des Umweltbundesamtes berechnet. Vermeidungsfaktoren sinken perspektivisch aufgrund des voraussichtlich steigenden Anteils an regenerativ erzeugtem Strom im Strommix. Aussagen zur erzielten oder geplanten CO₂-Vermeidung sind kein verlässlicher Indikator für tatsächliche zukünftige CO₂-Vermeidung. Zielsetzungen können sowohl über- als auch unterschritten werden.
⁴ Verwaltungsgesellschaft des klimaVest ist die Commerz Real Fund Management S.à r.l.