Es wird ein Green Building mit Fassadenbegrünung dargestellt.

Neue EU-Richtlinie mit klarem Signal Klimaneutralität bis 2050 wird Realität in der Immobilienbranche

22.05.2024 6 Minuten Lesezeit

Mit einem neuen Meilenstein im Kampf gegen den Klimawandel lenkt die Europäische Union das Scheinwerferlicht auf eine Initiative, die tiefgreifende Auswirkungen auf die Immobilienbranche mit sich bringen wird. Im Fokus: die EU-Gebäudeeffizienzrichtlinie (EPBD), die am 12. März 2024 vom Europäischen Parlament ratifiziert und am 12. April 2024 vom Rat der Europäischen Union angenommen wurde.

Was ist neu?

Die überarbeitete EPBD-Richtlinie ist ambitioniert und umfassend. Sie setzt klare Vorgaben:

  • Nullemissionsgebäude bis 2030

    Alle neuen Gebäude müssen von 2030 an Nullemissionsstandards erfüllen. Eine noch strengere Frist gilt für Gebäude, die sich im Eigentum von öffentlichen Einrichtungen befinden. Diese müssen bereits ab 2028 den Anforderungen genügen.
  • Klimaneutraler Gebäudebestand bis 2050

    Ein visionäres Ziel, das die EU verfolgt, ist die Transformation des gesamten Gebäudebestands zur Klimaneutralität.
  • Reduzierung des Primärenergieverbrauchs

    Ein konkretes Ziel ist die Reduktion des Primärenergieverbrauchs in Wohngebäuden um mindestens 16% bis 2030 und um 20-22% bis 2035, verglichen mit 2020. Für Nicht-Wohngebäude sind spezifische Mindestenergiestandards vorgesehen, mit dem Ziel, bis 2030 eine Sanierung von 16% und bis 2033 von 26% der energetisch ineffizientesten Gebäude zu erreichen. 
  • Solarenergie und erneuerbare Energien

    Die Richtlinie schreibt vor, dass bei der Planung neuer Gebäude bereits die Möglichkeit zur späteren Installation von Solaranlagen berücksichtigt werden muss, ohne dass dafür umfangreiche Umbauten erforderlich sind. Darüber hinaus wird bis zum Jahr 2030 die verbindliche Installation von Solaranlagen in öffentlichen Gebäuden sowie in Nicht-Wohngebäuden und neuen Wohngebäuden gefordert – sofern dies technisch und wirtschaftlich realisierbar ist.
  • Energieausweise und Kategorien

    Einführung einer neuen Kategorie „A0“ für Nullemissionsgebäude und optional „A+“ für Gebäude, die zusätzlich Energie ins Netz einspeisen. Außerdem sollen ab 2028 für Neubauten über 1.000 m2 und ab 2030 für alle Neubauten die Lebenszyklus-Emissionen berechnet und in den Energieausweisen offengelegt werden.
  • Verbot fossiler Heizsysteme

    Ab 2025 muss die Subventionierung fossiler Brennstoffe eingestellt werden. Außerdem sollen die EU-Staaten einen Fahrplan entwickeln, der einen Ausstieg aus fossilen Heizsystemen bis 2040 berücksichtigt.
  • Förderung und Finanzierung von Renovierungen

    Ein breites Spektrum an Finanzierungsquellen, bereitgestellt auf nationaler Ebene, soll Renovierungsprojekte vorantreiben.
  • Nationale Gebäuderenovierungspläne

    Die Mitgliedstaaten werden dazu angehalten, umfassende Renovierungspläne zu entwickeln. Diese Pläne sollen einen klaren Fahrplan vorgeben, wie der Gebäudebestand bis 2050 klimaneutral gestaltet werden kann. 
  • Förderung von Mobilität

    Die Richtlinie spezifiziert Anforderungen an die Bereitstellung von Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge innerhalb von Gebäuden, um die Elektromobilität zu unterstützen. Zusätzlich wird die Fahrradmobilität durch Vorschriften zur Einrichtung von Fahrradstellplätzen gefördert.
Mit der Verabschiedung der EPBD EU-Gebäuderichtlinie hat der Rat der Europäischen Kommission ein klares Signal gesetzt und einen sehr ambitionierten Umsetzungszeitraum definiert. So müssen bereits ab 2030 alle neuen Gebäude den Standard eines „Zero-Emission Building” einhalten. Dies alles bestätigt unsere Ausrichtung, die Umweltauswirkungen unserer Portfolios langfristig zu reduzieren und damit einen substantiellen Mehrwert für die CR und vor allem unsere Umwelt zu schaffen.
Jens Boehnlein ist Global Head of Real Estate Asset Management and Sustainability. Jens steht im dunklen Anzug vor einer Wand.
Jens Böhnlein
Global Head of Assetmanagement and Sustainability bei der Commerz Real


Blick nach vorn: Nachhaltigkeit als Imperativ

Von der Herausforderung zur Chance: Mit Umsetzung der EPBD-Richtlinie bietet sich der Immobilienbranche eine außergewöhnliche Gelegenheit zur nachhaltigen Transformation. Die Förderung erneuerbarer Energien und die Reduktion des Energieverbrauchs leisten einen aktiven Beitrag zum Klimaschutz und verbessern zudem die Ökobilanz sowie die Attraktivität der Objekte. Dadurch wird nicht nur die Wettbewerbsfähigkeit gesteigert, sondern auch der Zeitpunkt hinausgezögert, zu dem Immobilien als nicht mehr zukunftsfähig gelten könnten. 

Die Mitgliedstaaten, einschließlich der Bundesregierung, sind nun gefordert, diese Vorgaben in nationales Recht zu gießen. In Deutschland wurden bereits einige der Richtlinien im Gebäudeenergiegesetz integriert. Allerdings bedarf es aufgrund der überarbeiteten EPBD einer Anpassung des kürzlich beschlossenen Gebäudeenergiegesetzes, das erst am 01. Januar 2024 vom Bundestag verabschiedet wurde. Nach der Zustimmung des Rates, welche am 12. April 2024 erfolgte, hat das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen zwei Jahre Zeit, um die Vorgaben in nationales Recht umzusetzen.